Wenn man sich dieses Bild von der strahlenden Celine anschaut möchte man wohl nicht meinen, dass sie bereits seit ihrer Geburt einen OP-Marathon hinter sich hat und einen Schwerbehindertenausweis bestitzt. Celine ist herzkrank und lässt sich trotz allem nicht von ihrer Krankheit einschränken, Sie liebt das leben, ist sportlich und ein fröhlicher Mensch. Sie ist eine wahre Kämpfernatur und erzählt euch jetzt im Projekt einzig-art-ICH ihre Geschichte!
Mein Name ist Celine und ich bin 20 Jahre alt. Bei den meisten hier im Projekt beginnt ihre Krankheit plötzlich mit Schmerzen im Körper oder unwohl sein – mitten in ihrem Leben.
Meine chronische Krankheit entwickelte sich bevor ich überhaupt auf die Welt gekommen bin. Seit meiner Geburt im Dezember 1997 lebe ich mit einem angeborenen Herzfehler –
Fallot´sche Tretralogie. Der Fallot ist ein komplexer Herzfehler, welcher aus vier Fehlbildungen besteht. Ebenfalls bekannt bei meiner Geburt war, dass meine Leber nicht an der richtigen Stelle lag und deswegen sofort nach meiner in meinen Bauch hineingelegt wurde. Dadurch musste mein Darm komplett verlegt werden, was später zum Darmverschluss – einer weiteren OP – geführt hat.
Da ich große Engstellen in den Lungenschlagadern besitze, habe ich bereits einen Patch und später mehrere Stents hineingesetzt bekommen, die sich leider mit der Zeit zusetzten.
Eine Folge davon ist meine restriktive Lungenfunktionsstörung. Meine Lunge ist zwar gesund, besitzt nur nicht das volle Lungenvolumen von 100% . Daher lebe ich seitdem mit einer Lungenfunktion von ca. 30%.
Aktuell setzt mir wieder ein 3-fach erhöhter Druck in der rechten Herzkammer. Ebenso hatte ich das klassische Loch in der Herzkammerscheidewand, das bereits zwei Mal verschlossen worden ist und eine defekte Herzklappe, die bereits korrigiert und zweimal per Herz-Op ausgetauscht worden ist.
Bis heute lag ich 35 Mal stationär im Krankenhaus, habe neun Herzkatheder erlebt, davon waren einige mit Intubation Narkose und ein paar Eingriffe unter reichlich Opiaten und Schlafmitteln. Zwischen den Herzkathetern überlebte ich drei große Herz-OPs inklusive Herz-Lungenmaschine, Langzeitbeatmung und Lungenentzündungen, als Spätfolge. Unter anderem überstand ich drei große Bauch-Ops, in denen ich Darmverlegungen bekam. Erst entzündete sich ein Patch und anschließend, aufgrund der Vernarbungen der Vor-Ops, bekam ich im Jahr 2013 einen Darmverschluss. Während der ganzen stationären Krankenhausaufenthalte und Fahrten mit dem Rettungswagen wurden mir rund 450 Zugänge an Armen, Kopf und Hals gelegt. Magensonden, Blasenkatheder, Drainagen und zentralen Venenkatheder.
Nächte lang lag ich im Krankenhaus wach, wenn sich nachts ein Zugang im Armen verbogen hat durch eine falsche Bewegung, Schläuche gedrückt und gejuckt haben, die Sauerstoffbrille oft zu Nasenbluten geführt hat oder ich mich nach Eingriffen tagelang nicht bewegen konnte. Mehr als ein Blick ohne den Kopf zu bewegen von rechts nach links war nicht möglich. Die Vorstellung von einem isolierten Einzelzimmer auf der Intensivstation möchte ich Euch gerne ersparen. Ich lag direkt vor einer riesigen Glasscheibe und konnte den Nachbarsjungen, direkt sehen … und jeder konnte mich sehen – keine Privatsphäre. Das einzige, was mich trennte, war ein kleines Handtuch, welches als Decke diente für meinen Oberkörper. Zudecken ging nur bis zur Hüfte, nach der Herz-Op. Hinter mir hingen über 25 aufeinandergestapelte Perfuser. Darunter Bluttransfusionen und starke Schmerzmittel und verschiedene Antibiotika. Die Opiate bekam ich in Dauermedikation teilweise acht Tage am Stück. Meine Umwelt nahm ich nur verschwommen – wie stark betrunken war. Jegliche körperliche Reaktion nur sehr zeitverzögert, kaum fließende Worte waren zu hören. Jedes Mal wenn eine Krankenschwester mein Zimmer betrat wollte ich reagieren, sie fragen was sie macht an meinen Geräten, doch ich konnte nicht. Folgte oft nur ihrer Arm Bewegung. Gerade das Cortison, welches ich dringend für meine Lunge brauchte und über Jahre intravenös bekam hinterließ Spuren. Heute bin ich nur 1,55m groß. Im Alter von 13 Jahren war ich bereits ausgewachsen. Cortison hemmt auf Dauer den Wachstum.
Heute sind nur noch Narben übrig geblieben, die mich an diese Zeiten erinnert. Die Narbe, die am Oberkörper 35 cm lang ist. Narben der Einstiche vom Herzkatheder, Narben der Drainagen, zentralen Venenkatheder oder Zugängen. Sie begleiten mich durch mein Leben, werden aber niemals über mein Leben bestimmen. Das habe ich mir geschworen.
Trotz der vielen Strapazen konnte ich verspätet mit fünf Jahren den Kindergarten und anschließen weitere Regelschulen besuchen. Heute arbeite ich als ausgelernte Industriekauffrau und führe einen recht normalen Alltag. Nach getaner Arbeit liebe ich es Sport zu treiben. Das Skifahren gehört seit 10 Jahren zu meinen größten Leidenschaften. Dieses Gefühl eine rote Piste herunter zu brettern als gäbe es kein Morgen mehr, ist das aller größte. Seit diesem Jahr habe ich u. a. das Wandern für mich entdeckt. Ich empfinde Wandern und sportliche Aktivitäten generell, obwohl meine Einschränkungen sehr schnell deutlich werden, als eine grenzenlose Freiheit. Einfach los laufen. Keine Ärzte keine Schwestern kein Krankenhausgeruch.. eher ein Stück Normalität, als wäre nie etwas gewesen. Auch Festivals und Reisen dürfen bei mir nicht mehr fehlen. Es ist ein richtiges Must-Have für mich geworden. Ich bin froh, dass ich bis jetzt alles soweit gut überstanden habe und mir viele Träume erfüllen konnte. Ja, es wird immer wieder Dinge geben, die ich nicht so ganz hinbekommen werde aufgrund der hohen Belastung für Herz und Lunge.
Mein Motto, das mich durch das Leben begleitet „Aufgeben ist nicht so mein Ding“ hat mich zu einer wahren Kämpferin gemacht. Egal was in den nächsten Monaten und Jahren kommen mag, ich werde immer aufstehen, raus in die Welt laufen und die Krankenhaustür hinter mich lassen! Auch jetzt steht in ca. einem Jahr wieder eine Herz-OP an. Meiner Familie insbesondere meiner Mama, die alles mit begleitet hat habe ich versprochen den Kampf zu gewinnen.