„Instagram verbindet“ und ebenso auch das Projekt einzig-art-ICH. Als der Blogpost von Kimi online ging kannte sie noch niemanden mit der selben Krankheit „HSMN“. Marina allerdings ist genauso betroffen wie sie und die beiden haben sich durch Instagram und durch das Projekt kennengelernt. Nun war es endlich so weit und auch Marina wollte gerne vor meiner Kamera stehen, um über sich und ihre Geschichte zu berichten. Eine große Ehre, denn sie kommt aus Ulm und ist tatsächlich mit einer Freundin/ihrer Assistentin 4 Stunden mit dem Zug nach Essen gefahren und hat eine Nacht im Hotel übernachtet. Wir haben uns für das Shooting diesmal eine andere Location gesucht und zwar in der U-Bahn vom Essener Hauptbahnhof. Ich hoffe die Fotos gefallen euch und viel mehr noch die Geschichte von Marina.
Mein Name ist Marina, ich bin 21 Jahre alt, studiere Medizintechnik, spiele Rollstuhl-Rugby und fahre Ski- und Handbike.
In meinem Alltag bin ich seit ca. 10 Jahren dauerhaft auf den Rollstuhl angewiesen und da auch Arme und Hände betroffen sind, benötige ich immer mehr die Hilfe meiner Familie, Freunde und Assistentinnen. Ich habe HMSN/CMT (Hereditäre-motorisch-sensorische-Neuropathie), eine fortschreitende Erkrankung des Nervensystems, für die es bisher keine Heilung gibt. Das einzige was man gegen die schleichende Verschlechterung tun kann, ist mit therapeutischen Maßnahmen, wie z.B. Physio- & Ergotherapie dagegen anzukämpfen. Dank regelmäßiger Therapien sowie dem Sport konnte ich in den letzten Jahren meinen Status recht gut halten. Kleinere Veränderungen des körperlichen Zustandes gibt es immer und bei jedem, es ist nur die Frage der Richtung in die es geht und so ist auch der Verlauf der Erkrankung bei jedem unterschiedlich.
Mit 10 Jahren wurde zudem eine Skoliose bei mir festgestellt. Nach etwa 3 Jahren, mit gerade noch 12 Jahren, war diese so stark (~70°), dass man eine operative Korrektur (Begradigung und Entdrehung der Wirbelsäule) durchführen musste.Bei der knapp 8 Stündigen OP wurden 14 von 24 Wirbeln (Th4 bis L5) mit 2 Titanstäben und 22 Schrauben versteift. Gefolgt von einem künstlichen Koma, mehreren Tagen liegen und Schmerzen musste ich das Bewegen, Sitzen und Essen, etc. wieder erlernen. Durch diese Versteifung ist die Wirbelsäule relativ gerade und aufrecht, jedoch habe ich ein starkes Hohlkreuz, ein Rest-Rippenbuckel und mein Oberkörper ist wesentlich unbeweglicher. Folglich sind die Bauch-, Rücken- und Brustkorbmuskeln zurück gegangen. Die eingeschränkte Beweglichkeit und geringe Muskulatur im Brustkorb führen mit dazu, dass ich nur ganz schwach husten kann. – Heute trage ich auf meinem Rücken eine Narbe, vom Schlüsselbein bis zum Kreuzbein und kann trotz mancher Probleme sagen, dass ich echt froh bin, dass diese OP durchgeführt wurde. – Aufgrund meiner Einschränkungen kann ich zwar von Hand schreiben, brauche aber doppelt so lange wie die anderen (bis zu 9,5 Stunden).
Die Schulferien nutzte ich immer wieder für mehrwöchige Reha-Maßnahmen und kleinere Operationen. Jedoch kam es nach einer größeren OP 2016 zu unerwarteten Komplikationen. Da ich aus div. Gründen nur ganz schwach Husten kann, konnte sich vermutlich eine Mischung aus Blut und Bakterien in meiner Lunge festsetzen und entsprechend Sekret bilden, welches ich nicht wirklich weghusten konnte. Am späten Abend des Tages nach der OP habe ich dann fast keine Luft mehr bekommen und musste auf die Intensivstation, denn „verschlechtern sich die Werte nur ein wenig bleiben keine Minuten mehr, sondern noch Sekunden“ – so der Intensivarzt zur Krankenschwester. Ab diesem Zeitpunkt war es mehrere Tage lang ein auf und ab mit mir und meinen Werten, sodass ich mehrfach knapp an einem Luftröhrenschnitt vorbei bin und teilweise komplett bewegungsunfähig war… Mein Arzt sagte mir einige Wochen später, dass sie nicht wussten in welche Richtung sich das ganze entwickeln würde. Bis dato konnte ich mir nicht vorstellen, wie anstrengend alleine schon atmen sein kann. Ich habe dies und viele andere Dinge, wie z.B. das Kopf halten, Sitzen, Essen und Sprechen, etc. wieder „lernen“/üben müssen… aber ich habe mich zurück gekämpft.
Durch diese Erfahrungen bin ich heute dankbarer, schätze die Dinge und Momente wesentlich mehr und ich habe gelernt was wirklich zählt im Leben. Gute Noten, ein top Abitur oder sonstige Dinge werden bzw. sind relativ, denn was wirklich wichtig ist, ist leben! Träume nicht dein Leben, sondern lebe deine Träume und genieße auch die kleinen unscheinbaren Dinge und Momente! Denn das Leben ist zu wertvoll um es wegzuschmeißen, auch wenn es manchmal nicht leicht und der Weg steinig und schwer ist – es lohnt sich zu kämpfen. Aufgeben ist für mich keine Option! Es gibt immer Wege und Mittel um weiter zu gehen. Manchmal muss man nur geduldig sein und sich mutig neuen Wegen und Situationen entgegenstellen.
Mit und von Kimi haben wir selbstverständlich auch noch Fotos gemacht. Es war einfach total schön zu sehen, dass zwei Menschen durch das selbe Schicksal irgendwie zueinander gefunden haben und sich austauschen konnten. Ich bin dankbar dafür, dass ich die Möglichkeit habe durch das Projekt solch eine Begegnung miterleben zu dürfen 🙂