Ich bin so dankbar für dieses Projekt und dafür, welch wunderbaren Menschen ich kennen lernen darf. Julia kam für unser Shooting extra 2,5 Stunden aus Marnheim mit dem Auto her gefahren. Eine Ehre! Wir schrieben schon eine ganze Weile. Sie war mit eine der ersten, die sich für die Teilnahme am Projekt interessiert hat. Zu dieser Zeit lag sie aber gerade im Krankenhaus und hatte ihre OP. Was genau das Ganze auf sich hat und welche Geschichte hinter dieser schönen Frau steckt, das erfahrt ihr jetzt in einem ausführlichen Text von ihr selbst.
„Hallo ihr Lieben, ich bin Julia, 24 Jahre alt, lebe mit meinem Hund alleine in der Einliegerwohnung meines Elternhauses und bin voll berufstätig als Finanzwirtin. Neben einem Reizmagen leide ich auch am Gorlin-Goltz-Syndrom*. Im November 2016 wurde ich zum ersten Mal in einer Hausarztpraxis damit konfrontiert. Ich war dort eigentlich nur wegen einer Stelle am Haaransatz, die aussah als hätte ich mich irgendwo gestoßen. Allerdings hieß es dann, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein Basaliom ( eine Art von weißem Hautkrebs, der aber nicht streut) handeln würde. In diesem Termin wurden dann auf der Kopfhaut, am Hals, am Rücken usw. noch mehr solcher Basaliome gefunden. Ich hatte ein Gespräch mit 2 weiteren Hautärzten und daraufhin kam der Verdacht auf, dass es das Gorlin-Goltz-Syndroms sein könnte. „Normale“ Menschen vorm 40. Lebensjahr haben nämlich keine Basaliome bzw. nicht so viele.
In einer Hautklinik wurde ebenfalls der Verdacht auf das Gorlin-Goltz-Syndroms geäußert, aber meine Tumore vor seien zu groß um operiert zu werden, ohne mich zu entstellen und deshalb wolle man mir eine Art Chemo in Tablettenform geben. Das war der erste Moment in dem ich eigentlich realisiert habe, welches Ausmaß an Krankheit die „paar komischen Flecken“ haben. Wieder zu Hause und auf der Suche nach anderen Möglichkeiten, bin ich auf die Fachklinik Hornheide in Münster gestoßen, die sich mit dem Syndrom beschäftigen. Puh… Münster, 400km von zu Hause entfern, aber allemal besser als komplett entstellt zu sein oder Chemo.
Noch ein paar Infos am rande: Das Gorlin-Goltz-Syndrom ist ein Gendeffekt am PTCH1-Gen. Es muss durch einen Gentest bewiesen werden (ist bei mir in Arbeit), aber es gibt auch sog. klinische Haupt- und Nebenkriterien bei denen die Diagnose ziemlich sicher gestellt werden kann.
Hauptkriterien sind beispielsweise:
Kieferzysten (Hatte ich von 2006-2012 regelmäßig)
1 Basaliom vorm 20. Lebensjahr oder mehrere (Ich hatte mehr als 10)
Sog. Pits ( Dellen) in Händen oder Füßen (Ja, an den Händen)
Verkalkte Schädeldecke (Ja)
Nebenkriterien sind beispielsweise
Ein außergewöhnlich großer Kopfumfang (Ja)
Fibrome an den Eierstöcken (Hatte ich 2012)
Ich bekam in Münster zunächst eine super Salbe, die allerdings furchtbaren Juckreiz auslöste. Zum Glück bildeten sich von den Tumoren etliche komplett zurück, ein paar konnten erfolgreich vereist werden und lediglich 2 mussten operativ entfernt werden. Allerdings haben sich auch schon wieder neue Basaliome gebildet und ein Tumor an der Nase war schon zu groß, um ihm operativ komplett zu entfernen. Nach mehreren Versuchen in Münster bin ich dann im Februar nach Heidelberg gewechselt. 2 Operationen an der Stirn, 9 weitere an der Nase plus Hautentnahme am Oberarm – jetzt sehe ich so aus, wie ihr mich auf den Fotos seht. Mit Herzchen auf der Nase, einem dicken Strich am Oberarm und einem feinen Strich auf der Stirn. Ich habe gelernt mich so zu akzeptieren und zu lieben. Ein Arzt sagte mal zu mir: „Wie stark man wirklich ist merkt man erst, wenn man keine andere Option hat, als stark zu sein“ und irgendwo hatte er recht.
Vor 3 Jahren hätte ich im Traum nicht daran gedacht im Sommer mit langärmligen Shirt, Hut und Lichtschutzfaktor 50+ vor die Tür zu gehen. Heute ist es Alltag und ich trage die Sachen mit voller Überzeugung, da ich weiß, dass die UV-Strahlen ansonsten meiner Haut stark schaden und ich in Zukunft nicht noch mehr Operationen als nötig haben möchte. Ich habe durch die Diagnose viele Dinge verloren, aber auch viel Neues dazu gewonnen und viele wahnsinnig tolle Menschen kennengelernt. Wenn ihr mehr über mich oder den Gendefekt erfahren wollt, könnt ihr gerne meinen Blog: „Mein Leben mit dem Gorlin-Goltz-Syndrom“ besuchen :)“